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Das Herz der Vielfalt

Virgilio Martinez beweist mit seiner Arbeit die unerschöpfliche Vielfalt der Natur.

Virgilio Martinez denkt wie ein internationaler Gastronom, doch sein Herz schlägt peruanisch.

Er ist der Besitzer des Mil in Cusco und des Central in Lima, des zurzeit besten Restaurants in ganz Südamerika. Er ist aktiver Förderer des Lima, welches zwei Ableger in London und einen dritten in Dubai hat. Im Jahre 2018 eröffnete er das Ichu Peru in Hongkong, über 11.300 Meilen Luftlinie von Peru entfernt. Durch seine zahlreichen Engagements und Zusammenarbeiten auf der ganzen Welt – einschließlich seines Auftrittes bei den von Miele präsentierten, renommierten 50BestTalks in San Francisco – hat sich Virgilio Martinez eine globale Präsenz aufgebaut. Und diese weiß er für seine Heimat Peru zu nutzen.

Jedes seiner Restaurants serviert eine moderne peruanische Küche, die das gewaltige Spektrum originärer peruanischer Zutaten fokussiert. Im Central, seinem Flaggschiff, werden dem Gast ausgewählte und fast gänzlich unbekannte Spezialitäten kredenzt: verkohlte Yacon-Wurzeln, angerichtet auf einem Nest aus Carachama-Flossen (einheimischem Panzerwels); feine Streifen von Arrachacha-Wurzel-Nudeln schwimmen in einer Brühe aus Callampa-Pilzen, getrockneten Tamarillos, Avocadoblättern und Lama-Charqui (geräuchertes Lama-Fleisch), oder auch versengte Berg-Kartoffeln mit hauchdünnen Scheiben von getrocknetem Alpacaherz. „Ich möchte, dass Sie Ihre Komfortzone verlassen,“ sagte Virgilio in seiner 50BestTalks-Präsentation. Doch tut er das nicht um eines schnöden „Wow-Effektes“ halber. Er bringt diese ungewöhnlichen Zutaten aus einem weit wichtigeren Grund auf die Teller seiner Gäste: es geht ihm darum, eine Nachfrage und eine Wertschätzung gegenüber den Produkten zu erzeugen. Denn genau das hat einen großen Effekt auf die Erzeuger und diejenigen, die sich um ebendiese Zutaten kümmern: die indigenen Andenvölker. Mit diesen Gemeinschaften arbeitet Virgilio direkt über die NGO Mater Iniciativa zusammen. Mater Iniciativa, die er gemeinsam mit seiner Schwester Malena, einer Biologin, gegründet hat, ist nicht profitorientiert und hat das Ziel, das kulturelle kulinarische Erbe und die Biodiversität Perus zu entdecken und zu bewahren.

“Früher habe ich eine unglaubliche Bandbreite an unterschiedlichen Produkten auf den Märkten gesehen – verschiedenste Sorten Tomaten, Kartoffeln und viele weitere aromatische Zutaten,“ erinnert er sich. „Ich sehe all diese Dinge immer noch, wenn ich in die Natur gehe, in den Anden, im Amazonas, aber es gibt sie nicht mehr auf den Märkten (auf denen immer mehr homogene Produkte verkauft werden). Das macht mich traurig. Wir müssen selber rausgehen und diese Dinge finden und sie fördern und sie konsumieren. Diese Dinge werden nicht von selbst passieren.“

Am Ende geht es um Menschen

Im Gegensatz zu vielen anderen südamerikanischen Köchen, die auf Bauernhöfen oder großen Plantagen aufwuchsen, war Virgilio – der Sohn einer Architektin und eines Finanzjuristen – nicht von jeher mit den heimischen Zutaten und dem komplexen Ökosystem vertraut, das diese Nahrungsmittel hervorbringt. Er verbrachte zunächst viele Jahre im Ausland, um in so berühmten Restaurants wie dem Cordon Bleu in Ottawa oder auch in London zu lernen, reiste anschließend durch Europa, um bei weiteren Top-Köchen des Kontinents seine Fertigkeiten zu perfektionieren. Erst als er nach über einem Jahrzehnt im Ausland zurück nach Peru kam, wurde ihm bewusst, wie wenig er über seine eigene heimische Küche wusste.

Er nahm sich eine einjährige Auszeit von seiner Küchenkarriere, um durch Peru zu reisen und dessen Speisen kennenzulernen. Das hat ihm die Augen geöffnet: „Ich sah, wie hart die Menschen in den Anden dafür arbeiteten, das bestmögliche Essen zu erzeugen und gleichzeitig sah ich, wie viele Lebensmittel in den Supermärkten einfach weggeschmissen wurden. Diese enormen Unterschiede zwischen haben und nicht-haben rüttelten mich wach,“ erinnert er sich. Er bekam auch mit, dass viele Zutaten nicht einfach bloß eine reiche Gabe der Natur sind, sondern aufwendig von Menschenhand gehegt und gepflegt werden müssen. „Essen ist mit so vielen Dingen verbunden, mit Geografie, mit Geschichte, Anthropologie, Soziologie... es ist mit den Leben so vieler Menschen verbunden. Und ich spreche nicht bloß von denjenigen, die das Essen zubereiten, sondern auch von jenen, die es angepflanzt und kultiviert haben. Wenn man sich die Geschichte hinter jeder einzelnen Zutat genau ansieht, dann versteht man, wie wichtig Biodiversität eigentlich ist.“

Virgilio warnt schließlich vor den Auswirkungen globaler kulinarischer Trends, die immer größer werden, denn diese Einflüsse sorgen dafür, dass sich viele Menschen nur noch mit den Produkten anderer Kulturen auseinandersetzen und den Bezug zu ihren heimischen Lebensmitteln verlieren. Ein junger Mensch ist häufig vertrauter mit den Hamburgern einer globalen Fast Food-Kette als mit einem klassischen Gericht aus seiner Heimat; ein erfahrener asiatischer Koch kennt vielleicht sämtliche Feinheiten der französischen Feingebäcke, aber weiß nichts mehr über traditionellen Backwaren seiner eigenen Kultur. „Aus diesem Grund bedeuten mir Tradition und Identität sehr viel, denn das ist es, woran ich denke, wenn ich ein Gericht kreiere: Ich denke daran, was meine Mutter gekocht hat, ich verfolge nach, was Peruaner seit Tausenden von Jahren kochen.“

Gleichwohl sieht Virgilio in jedem dieser Phänomene auch einen Silberstreif. Denn obwohl es sinnvoll ist, sich lokal zu ernähren, ist es trotzdem von großer Wichtigkeit, mitzubekommen, was in der Welt passiert. Denn „am Ende sind wir alle global miteinander verbunden.“ Anstatt sich einzuigeln, richtet Virgilio seinen Blick auf die Welt: seine Arbeit mag die Biodiversität Perus befördern, aber seine Mission ist eine globale. Sicherlich wird es eine Weile dauern, bis man Yacon und Callampa-Pilze in der eigenen Speisekammer hat – einmal ganz abgesehen von Piranha-Köpfen und Alpacaherzen – aber schon jetzt beginnen seine Gäste und Fans auf der ganzen Welt damit, ebendiese Begriffe ihrem kulinarischen Vokabular hinzuzufügen. Und genau diese Bewusstheit ist der erste Schritt zur Bewahrung und Förderung einer Zutat – und eine Unterstützung der lokalen peruanischen Bevölkerung, die diese kultiviert.

So wie die Menschen im Zentrum von Virgilios Bemühungen um die Biodiversität seiner Heimat stehen, sind es auch die Menschen, die Mieles Firmenkultur der Vielfalt befördern.

Abgesehen von der Schaffung gleicher Möglichkeiten für alle und dem Respekt für jeden einzelnen hat das Unternehmen viele weitere Unterfangen angeschoben: von der Unterstützung weiblicher Arbeitskräfte, verantwortungsvolle Positionen zu übernehmen bis zu Programmen, die die Work-Life-Balance deutlich verbessern.

Die Welt ist ein globales Dorf, bestehend aus einzigartigen Individuen und wir glauben, dass die Achtung und die Erschließung dieser Vielfalt auch unser Unternehmen bereichert.